SENSORIAL SYMPHONIES

TOURING PACK

Im Auftrag der Théâtres de la Ville de Luxembourg
Uraufführung – Herbst 2025, Grand Théâtre de la Ville de Luxembourg

‚Natur ist Chaos in Bewegung. Biologisches Leben ist eine spiralförmige Diffusion von Möglichkeiten, fractal in ihrer Fülle. Jeder Organismus und ganz gewiss jede Pflanze, stammt aus einem Evolutionsnetzwerks gruenblaettriger Dinge, um dann weitere Variationen hervorzubringen. Sie alle verändern natürlich ihre Form, da all das niemals endet – außer wenn Pflanzen aussterben. Die Vielfalt wirkte endlos und unmöglich zu erfassen.‘
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Zoë Schlanger
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Was wäre, wenn wir die Welt so fühlen könnten wie Pflanzen?

In Sensorial Symphonies begibt sich Elisabeth Schilling, Associate Artist der Les Théâtres de la Ville de Luxembourg, auf ein radikales Experiment – welches unsere Wahrnehmung der Existenz neu gestaltet. Vor der Kulisse von Sergei Rachmaninows ikonischem Klavierkonzert Nr. 2 – neu interpretiert und verwoben mit einer zeitgenössischen Komposition von Pascal Schumacher sowie den organischen Klängen der Plant Philharmonic – entfaltet sich ein Werk, das ebenso ambitioniert in seinem Umfang wie filigran in seiner Umsetzung ist.

Sensorial Symphonies lädt das Publikum zu einer immersiven, multisensorischen Reise ein, in der Pflanzen keine bloßen dekorativen Metaphern sind, sondern aktive Protagonisten, die mit ihren komplexen, miteinander verbundenen Systemen die Bühne einnehmen. Die Choreografie ehrt die Weisheit des Pflanzenlebens – seine symbiotischen Beziehungen, seine Widerstandskraft und seine grenzenlose Anpassungsfähigkeit – und fordert uns auf, unseren Platz in einem gemeinsamen ökologischen Gefüge neu zu überdenken.

Das Stück geht über eine anthropozentrische Erzählweise hinaus und feiert Pflanzen sowohl als Subjekte als auch als Mitwirkende. Durch Berührung, Duft, Design, Sound und Bewegung werden wir ermutigt, nicht nur zu sehen, sondern auch pflanzlichem Leben nachzuspüren – und damit Aristoteles’ Vermächtnis herauszufordern, das Pflanzen auf die unterste Stufe des Seins reduzierte. Dies ist eine Politik der Wahrnehmung, ein Plädoyer für eine Aufwertung der natürlichen Welt in unserem kollektiven Bewusstsein.

Auch musikalisch beschreitet das Werk neue Wege. Schumachers Komposition verbindet Rachmaninows unverwechselbare emotionale Tiefe mit minimalistischen, organischen Klängen pflanzlicher Herkunft. Der scheinbare Gegensatz zwischen Rachmaninows leidenschaftlicher Romantik und den subtilen, nicht-menschlichen Frequenzen der Plant Philharmonic erschafft eine Klanglandschaft, die so vielschichtig und komplex ist wie die Ökosysteme, die sie zu evozieren versucht. Die Kontraste sind bewusst gewählt – sie fordern uns heraus, Virtuosität neu zu denken: die Meisterschaft menschlicher Kunstfertigkeit im Verhältnis zur leisen, aber ebenso exquisiten Ausdruckskraft des Pflanzenlebens.

Von einem rein weiblichen Ensemble getanzt, spiegelt die Choreografie die nicht-hierarchischen, relationalen Strukturen der Pflanzenwelt wider. Die Tänzerinnen bewegen sich mit einer Fluidität, die der verteilten Organisation von Pflanzen entspricht – sie formen Muster des Austauschs, des Miteinanders und der Wechselseitigkeit. Gruppensequenzen entfalten sich wie Ökosysteme – voneinander abhängig, dynamisch und voller unsichtbarer Kräfte.

Doch Sensorial Symphonies scheut sich nicht vor den Widersprüchen, die es untersucht. Das Theater – ein menschengemachter Raum – steht in starkem Kontrast zur ungezähmten Vitalität der Natur. Elisabeth Schillings Werk umarmt diese Spannung und fragt, wie die langsame, weitläufige Zeitlichkeit der Pflanzen innerhalb der Dringlichkeit einer Live-Performance Ausdruck finden kann. Wie kann die Grenzenlosigkeit der Natur in den Rahmen eines Theaters gefasst werden? Diese Fragen, die in der Struktur des Werkes verwoben sind, fordern uns auf, unsere eigene Entfremdung von der natürlichen Welt zu hinterfragen.

Durch das vielschichtige Zusammenspiel von Musik, Bewegung und sensorischem Design verweigert sich Sensorial Symphonies einer einfachen Interpretation. Stattdessen lädt es zu einer tiefgreifenden, fast haptischen Auseinandersetzung mit seinen Themen ein. In Elisabeth Schillings Händen wird der Tanz zu einer ausgelassenen Musik der Natur – eine Erforschung, eine Transformation, eine neue Art, die Welt zu erfahren.
Dies ist nicht nur eine tiefgründige Performance – es ist ein Akt der Wiederaneignung.

PLANT PHILHARMONIC

Die Plant Philharmonic ist eine Sammlung vielfältiger Pflanzenklänge, die mithilfe verschiedener technischer Verfahren von KlangkünstlerInnen, bioakustischen Laboren und WissenschaftlerInnen auf- genommen wurden. Im vergangenen Jahr forschte Elisabeth Schilling sowohl zu direkten als auch indirekten Pflanzenklängen und formte daraus die Plant Philharmonic. Diese beinhaltet Aufnahmen von Alexandra Duvekot, Jez riley French, Jeff Rize, Rok Šturm, Hidden Sound, mit Klängen folgender Pflanzen (Beispiele):

Hartriegel Strauch (Cornus), Pando Wald – Unter dem Baum (Populus tremuloides), Japanisches Seegras (Zostera japonica), Seegras (Zostera), Besenginster (Cytisus scopari- us), Mexikanische Springererbsen/Mexikanische Springbohne, Isländische Birke (Betula pubescens), Tomate, Rotbuche (Fagus sylvatica), Eukalyptus (Eucalyptus), Feige (Ficus), Lärchen (Larix), Waldkiefer (Pinus sylvestris), Eichen (Quercus), Seggenwurzeln (Carex), Karden (Dipsacus).

Gemeinschaften, Interaktionen und Kommunikation in Ökosystemen (P1-0255) und Ökotremologie ( Z1-50018), finanziert von der Sloevian Research and Innovation Agency.

Hören Sie sich unser Klangbeispiel an, das unsere ersten Ideen zu Pascal Schumachers De- und Rekonstruktion des 2. Klavierkonzerts von Sergej Rachmaninow unter Einbeziehung von Elementen aus The Plant Philharmonic

SKALEN

 
Mittelgroß:
5 Tänzer
1 Musiker auf der Bühne
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Das Stück ist verfügbar mit oder ohne Live-Musik.
Ein technischer Rider kann im Laufe der Entwicklung des Stücks zur Verfügung gestellt werden.
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Dauer: 1h
 

IM GESPRÄCH MIT ELISABETH

Wie kann man sich die Beziehung zwischen Tanz und Musik vorstellen?
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Es sind keine anderen Kunstformen enger miteinander verbunden als Tanz und Musik – auch heute wird keine künstlerische Verbindung so tiefgehend untersucht wie die Koexistenz, die Verflechtung, oder gar das Ineinanderfließen, von Tanz und Musik. Ich verallgemeinere hier jetzt bewusst sehr stark, aber allgemein gesehen spielte in früheren Zeiten das Ballett eine bloße Begleitrolle für die Musik. Der Tanz imitierte in der neoklassischen Periode die Musik, indem er ihre Linien nachzeichnete und sie mittels tanzender Körper plastisch werden ließ.
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Wo verortest du deine Arbeit in Bezug auf diese Idee?
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Meine Absicht ist es nicht, die Musik im Tanz zu reproduzieren, denn für mich ist der Tanz keine bloße Ergänzung zur Musik, ganz im Gegenteil: ich empfinde ihre Verbindung als eine vielschichtige Gegenseitigkeit, und gehe diese aus verschiedenen Blickwinkeln an, wissenschaftlich wie auch emotional, textural wie auch rhythmisch. Was ich in diesen unterschiedlichen Bereichen suche, sind Inspirationsfunken, aus denen sich Bewegungen entwickeln können.
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Bei der Entwicklung meines ersten Gruppenprojekts HEAR EYES MOVE. Dances with Ligeti (eine choreographische Interpretation von Györgi Ligeti’s 18 Klavieretüden) im Jahr 2020, ließ ich mich, genau wie Ligeti selbst, von den rhythmischen Strukturen aus den Bereichen der Physik und Mathematik inspirieren. Gleichzeitig, wollte ich meine eigene Identität im und durch den Tanz entwickeln, um eben nicht bloß choreographisch das nachzuahmen, was die Musik tat, sondern eine Bewegungsidentität zu entwickeln, die mit der Partitur gleichberechtigt ist. Ich sah Musik und Tanz als voneinander unabhängig und doch miteinander verflochten, auf einer komplexen und delikaten Bewegungssprache beruhend.
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Man könnte sagen, dass ich Ligetis Kompositionsmethode durch den Tanz nachgeahmt habe, indem ich den Dingen erlaubte, sich gegenseitig zu magnetisieren und zu konvergieren, sich zueinander hinziehen zu lassen, in Anlehnung an die Netzwerktheorie, die Chaostheorie, komplexe Systeme, Handlungen und Folgen.
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Können Tanz und Choreographie auf einer abstrakteren Ebene betrachtet werden?
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Ich unterscheide in meinem Arbeitsprozess zwischen zwei Stadien. Erstens gibt es meine wissenschaftliche Forschungsarbeit, für die ich musikalische Partituren lese, Kompositionen, rhythmische Strukturen und Melodien analysiere, und mich zudem mit dem Leben des Komponisten wie auch mit seinen Inspirationsquellen vertraut mache. All dies trägt zu meinem eigenen Arbeitsprozess bei. Zweitens gibt es dann die abstraktere Ebene des Tanzes und der Choreographie, die durch eine wortlose Sprache erlangt wird. Die Musik erfasse ich durch eine Art emotionales, choreographisches Hören, das auf persönlichen, kreativen Assoziationen beruht. Ich höre Texturen und lasse Bilder vor meinem inneren Auge entstehen, und plötzlich sehe ich Dinge, wie zum Beispiel einen Baum, der sich im Winde wiegt, oder jemanden, der durch ein offenes Fenster davonfliegt.
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Ich versuche also, die Tänzerinnen und Tänzer zusammenzubringen, um sie auf Bilder oder Assoziationen aus der Natur reagieren zu lassen. Ich fordere sie auf, sich ihren Körper als Spiegelung auf dem Wasser, als Blätter im Wind oder als vertrocknetes Sonnenblumenfeld vorzustellen, und dabei ihren menschlichen Körper zurückzulassen und stattdessen zu Elementen zu werden.
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Dieses choreographische Konzept hast du bereits in einem vorherigen Projekt, Florescence in Decay, entwickelt.
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Ich habe Florescence in Decay 2022 anhand von Musik der zeitgenössischen Komponistin Anna Meredith entwickelt. Dieses für neun Tänzerinnen und Tänzer konzipierte Werk vertiefte meine choreografische Untersuchung der Beziehung zwischen Musik und Tanz, eine Beziehung, die ich in enger Zusammenarbeit mit der musikalischen Komposition als eine sehr detaillierte, komplexe und wechselwirkenden zu verstehen lernte.
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In diesem Werk untersuchte ich Themen wie Zyklizität, natürliche
Wandlungsprozesse und unser Konzept des Sonnenjahres. Es ist ein Stück, das die Welt der Pflanzen aus einer kosmologischen Perspektive wiedergibt und sich auf unsere intrinsische Verbindung mit der natürlichen Welt konzentriert, zu der wir Menschen gehören und von der wir uns nicht völlig trennen können. Mir schwebte so etwas wie eine Vergrößerung vor, ein umfassendes Konzept unserer Beziehung zu Lebewesen. Ich wollte eine wachsende und blühende Blume tanzen, die dann von einer Kuh gefressen und anschließend verdaut wird.
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Auf der Bühne habe ich seit HEAR EYES MOVE versucht, dies als Beziehung zwischen Körpern darzustellen, die sich zwar nicht physikalisch berühren, durch den Tanz aber dennoch ausdrücken, welche Auswirkungen sie aufeinander haben. Dreht sich einer von ihnen um, drehen sich die anderen mit ihm. Sie tanzen sozusagen im Kanon und nicht im Gleichklang. Dieselben Bewegungen überschneiden sich, in ihrer Abfolge, Wirkung und Konsequenz miteinander verbunden. Jede einzelne Geste wirkt sich auf das System als Ganzes aus. Das ist ein wichtiges Stilmittel in meiner Arbeit geworden.
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Du arbeitest zurzeit auch an einem neuen Projekt mit Rachmaninow’s Musik—dieses Projekt ist noch viel weitreichender.
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Auch wenn sie manchmal als Kitsch eingestuft wird, habe ich mich in Rachmaninow’s Musik verliebt. Ich liebe Rachmaninow’s schillernde Virtuosität, obschon sie einem die choreographische Umsetzung seiner Werke erschwert. Ich finde, dass wir im zeitgenössischen Tanz zu große Angst vor starken Emotionen haben, zu wenig bereit sind, uns ihnen zu stellen. Außerdem wollte ich mich unbedingt einem großen Komponisten widmen. Ich lese und höre viel Musik, und nachdem ich diesen Wunsch lange gehegt habe, habe ich nun endlich den Mut aufgebracht, meine Forschung über die Wechselbeziehungen zwischen Rhythmus, Texturen und der Welt der Pflanzen anhand von Rachmaninow’s Musik zu vertiefen.
Allerdings möchte ich es nicht allein bei seiner Musik belassen. Für dieses Projekt möchte ich Rachmaninow’s Klavierkonzert Nr.2 in c-Moll mit einem neuen Auftragswerk der zeitgenössischen Klangkünstlerin und Musikerin Alexandra Duvekot kombinieren. Duvekot arbeitet seit 2021 mit Pflanzenklängen, seitdem sie gelernt hat, dass die faszinierenden Klänge, die Pflanzen selbst erzeugen, zudem verstärkt werden können.
Indem wir diese zwei augenscheinlichen Gegensätze miteinander
verbinden, wollen wir Rachmaninow’s dreiteiliges Klavierkonzert in und um Duvekot’s zeitgenössische Komposition für Pflanzenklänge verwurzeln, und somit die polyphonen Naturklänge mit der Virtuosität des Solo-concertos vereinen. Dies wird hoffentlich einen ästhetischen Kontrast zwischen dem Zeitgenössischen und einem Klassiker der westlichen Musik herstellen. 
Auch bei Rachmaninow scheint das gesamte Konzert aus dem Samen von drei einzelnen Tönen zu keimen, aus denen die gesamte Melodie wie eine Pflanze wächst.
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Für mich geht es darum, ein wirklich emotionales Ereignis zu schaffen, etwas, das so intensiv, überschwänglich und ungestüm ist wie die Natur selbst, mit ihren Düften und Formen, ihrer Dunkelheit und unglaublichen Schönheit. Statt Kunst (und Kultur) von der Natur zu trennen, verbinde ich ihre gleichartigen Eigenschaften und setze den Tanz auf Augenhöhe mit einer philosophischen Erforschung der Pflanzenwelt. Bei einem Waldspaziergang spüren wir die von Pflanzen und Bäumen ausgehende Energie, und ich möchte, dass die gleiche Energie auch vom Tanz ausgeht, im Tanz sozusagen das Gefühl von Baumrinde vermitteln. Ich stelle mir choreografische Sequenzen vor, die die Gestalt von Pflanzen annehmen und so die sensorische Einigkeit der Natur auf die Bühne bringen.

TOURING

Premiere: 

27., 28., 30. September, 02. Oktober 2025 – Théâtres de la Ville de Luxembourg 

01. Oktober 2025 – Mosel Musikfestival 

18. Oktober 2025 – Dance Live Festival Aberdeen 

23. Oktober 2025 – The Byre Theatre, St. Andrews

01. und 2. November 2025 – Cumbernauld Theatre, Cumbernauld 

4. November 2025 – An Lanntair, Outer Hebrides

6. November 2025 – Mareel, Shetland Islands 

Verfügbar für Tourneen in den Jahren 2026 und 2027.