EVALUEMOTION

Auftragswerk der Biennale Lorentzweiler ‚ Störende Wahrheiten‘
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20. Mai – 30. September 2023
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Mit EVALUEMOTION lädt Elisabeth Schilling mit einer Kunstaktion in vier Teilen zur Reflexion zum Thema Eigentum ein. Von Fotos des Lieblingsgegenstands bis hin zu Postkarten- Installationen mit Gedanken der Bevölkerung zur Thematik, von einem transparenten Schaukasten, der zum Tausch von Dingen einlädt bis hin zu einer Tauschpromenade in jeder Gemeinde wird EVALUEMOTION die Bewohner*innen Lorentzweilers über den gesamten Sommer zum Mitmachen und Nachdenken einladen.
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EINE IDEE ZUM TANZEN BRINGEN (DAS EIGENTUM)

eVALUEmotion 

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Elisabeth Schilling ist Tänzerin und Choreografin. In ihrer Praxis verbindet sie Zeitgenössischen Tanz mit darstellender Kunst, mit Theater, zeitgenössischer Musik und manchmal mit dem Design; vor allem aber praktiziert sie Zeitgenössischen Tanz als Medium der Vermittlung. Eines der Hauptziele ihrer Arbeit besteht demnach darin, Menschen zum Zeitgenössischen Tanz zu bringen, auch wenn sie zunächst einmal keinerlei Bezug dazu haben.

Wenn sie den kreativen Prozess beschreibt, dem sie bei der Inszenierung ihrer Stücke folgt, beginnt sie mit zwei für sie wesentlichen Punkten:

-Die Einzigartigkeit jedes Raums mit seinen Merkmalen und seinen Erwartungen. Raum versteht sie dabei im weiten Sinn, also auch den Raum als sozialen Kontext.
-Was man normalerweise als »Ausgangsgedanken« bezeichnet, ist in ihrem Fall eine Form. Diese Form regt dann zu getanzten Bewegungen an und wird damit zum Keim für die Ideen.

René Kockelkorns Einladung, sich mit einer präzisen Thematik an Störende Wahrheiten zu beteiligen, ist für Elisabeth Schilling also eine Premiere: Die Idee, das »Thema« des Tanzes, das Eigentum war vor der Form da – vor der Choreografie, die sie für diese Ausstellung anbietet. Übrigens, ergänzt sie, geht es beim Tanz in ihren Augen selten um etwas: »Der Tanz hat etwas Verschwommenes, Unscharfes, er kommuniziert nicht mit Worten.«

In diesem Kontext also entsteht EVALUEMOTION, ein Stück, das von Ideen, Gedanken, Gefühlen und Objekten der Einwohner von Lorentzweiler getanzt wird – ein Tanz, dessen Bewegung sich als Performance wahrnehmen lässt, aber zugleich ein Tanz, der keine Vorführung ist. Ziel des Projekts ist es, die Einwohner der Gemeinde dazu zu bringen, den Begriff Eigentum in vier Etappen zu denken, bei denen sie jedes Mal unterschiedlich mitwirken sollen.

Diese vier Etappen gliedern das Stück, das bereits vor der Vernissage begonnen hat und während der gesamten Ausstellung weiterlaufen wird. Zu Beginn werden die Einwohner aufgefordert, der Choreografin ein Foto von ihrem Lieblingsobjekt zukommen zu lassen, indem sie es an die Gemeinde schicken. Ausgangspunkt dafür sind Fragen von Elisabeth Schilling: Wann ist ein Objekt für Sie wertvoll? Was empfinden Sie für ein Objekt, das Ihnen gehört? Verändert der Umstand, dass Sie es besitzen, Ihren Blick auf sich selbst? Schon die einfache Tatsache, dass die Betrachter diese Fragen lesen, so die Choreografin, sorgt dafür, dass eine Idee gesät wird. Die Antworten an die Gemeinde werden daraufhin in einer Installation verwendet.

Dieser ganz besondere Tanz von Gedanken, Fragen und Antworten sowie von Gefühlen, die zwischen der Künstlerin, den Einwohnern und der Gemeinde zirkulieren, wird damit zu einem Tanz privater Objekte, für die es zwei Gelegenheiten zum Austausch gibt:

-Bei der Vernissage wird vor der Gemeinde eine Plexiglasbox aufgestellt; die Passanten können dort etwas ablegen und dafür etwas anderes herausnehmen.
-Während der Ausstellung wird dieser Tauschhandel ausgeweitet durch von Elisabeth Schilling organisierte Spaziergänge, bei denen die Einwohner mit ihr oder untereinander Objekte austauschen können.

Die für den Tanz charakteristische Abstraktion wird so zu einer Folge unsichtbarer Bewegungen – einer Folge von Tauschhandeln –, die Eigentum – Privates – zu etwas Öffentlichem machen.

Es ist, als würden in dieser Arbeit Körpersprachen sichtbar: Ein Körper, der einem anderen Körper etwas gibt, ein Körper, der nimmt, ein Körper, der ein Objekt sorgsam hütet, ein Körper, der stolz einen schönen Hut zur Schau trägt, ein Körper, der aus einem großen Auto steigt, ein Körper, der in ein schönes Schwimmbad eintaucht, ein Körper, der an einem kleinen, unbedeutsamen Objekt hängt. Als könnte man in unserem Alltag jetzt Emotionen spüren (sehen), die Nicht-Tänzer um ihr Eigentum tanzen.

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Sofia Eliza Bouratsis
PhD Kunst und Kunstwissenschaften, Ästhetik
Université Paris I – Panthéon-Sorbonne
Kunsttheoretikerin und unabhängige Kuratorin

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